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Formen der Musikgestaltung
Der Schweizer Musikwissenschaftler Hansjörg Pauli veröffentlichte 1976 ein Modell
zur Untersuchung von Filmmusik anhand ihrer Formen, verwarf es allerdings 1994
als unzureichend, mit der Veröffentlichung eines neuen Modells. Trotzdem ist sein
Modell von 1976 eines der am meisten verwendeten.
Es unterscheidet drei Formen der Filmmusik:
• Paraphrasierung:
„Als paraphrasierend bezeichne ich eine Musik, deren Charakter sich direkt aus dem
Charakter der Bilder, aus den Bildinhalten, ableitet.“ – Die Musik paraphrasiert das
Geschehen auf der Leinwand, indem sie es verdoppelt und nachvollzieht.
• Polarisierung:
„Als polarisierend bezeichne ich eine Musik, die kraft ihres eindeutigen Charakters
inhaltlich neutrale oder ambivalente Bilder in eine eindeutige Ausdrucksrichtung
schiebt.“ – Die Musik polarisiert das Geschehen auf der Leinwand, indem sie durch
einen eigenen Sinn- oder Stimmungsgehalt seinen Sinn- oder Stimmungsgehalt
verschiebt. Sie leistet mehr als bloße Paraphrasierung, indem sie eine Filmsequenz
„in ein gewisses Licht rückt“.
• Kontrapunktierung:
„Als kontrapunktierend bezeichne ich eine Musik, deren eindeutiger Charakter dem
ebenfalls eindeutigen Charakter der Bilder, den Bildinhalten klar widerspricht.“ – Die
Musik vermittelt den entgegengesetzten Sinn- und Stimmungsgehalt des
Leinwandgeschehens. Damit ironisiert sie das Geschehen und hat einen
Verfremdungseffekt.
Funktionen
Filmmusik ist funktional, d.h. sie wird genutzt, um Visuelles klanglich zu unterstützen
und zu verdeutlichen sowie die Wahrnehmung und Emotionen des Zuschauers zu
beeinflussen. Für eine Systematik der Funktionen gibt es verschiedene Ansätze, im
Folgenden die Unterteilung nach Kloppenburg.
Syntaktische Funktion
Die Syntaktische Funktion ermöglicht uns ein leichteres strukturelles Verstehen des
Geschehens. So werden Sequenzen akustisch zueinander in Beziehung gesetzt.
Mittels Musik wird z.B. ein weicher Übergang von der einen zur nächsten Sequenz
geschaffen oder es wird eine starke Abgrenzung der Sequenzen voneinander
bewirkt. Im zweiten Fall hilft die Musik dem Zuschauer, Handlungsstränge
voneinander zu trennen. Filmmusik kann des Weiteren Einstellungswechsel
verdeutlichen
Expressive Funktion
Die Expressive Funktion ist wohl die uns am meisten bewusste und wichtigste
Funktion der Filmmusik. Sie verstärkt und intensiviert unsere Wahrnehmung des
Geschehens. Filmmusik hat einen expressiven Charakter, der z.B. im Film gezeigte
Gefühle unterstützt und hervorhebt. Sie ist es, die den Zuschauer dazu bewegt, die
jeweilige Szene als noch romantischer oder noch trauriger oder noch angestrengter
etc. zu empfinden. Es findet durch die Filmmusik eine Intensivierung des
Situationserlebens statt. Diese Funktion der Filmmusik spiegelt sich besonders gut
wider in den Kompositionstechniken wie Mood-Technik oder Underscoring, welche
auch eine bestimmte Stimmung hervorrufen können. Allein über die visuelle Ebene
ist beim Rezipienten das vom Filmemacher gewünschte Empfinden nicht zu
erreichen. Die Musik hilft dem Rezipienten, Gesehenes auf die gewünschte Weise zu
verstehen und zu interpretieren. Nach Nick und Ulner wird Musik eingesetzt, um "die
Atmosphäre des Films zu generieren, zu verdichten und den Schauplatz vertiefend
zu charakterisieren."
Dramaturgische Funktion
Die Dramaturgische Funktion lässt sich sehr gut am Beispiel der Motivtechnik
belegen und erklären. Filmmusik hat die Aufgabe, Personen zu charakterisieren. Sie
verkörpert eine Person allgemein, drückt aber gleichzeitig auch die jeweilige
Stimmung der Protagonisten aus oder wird stellvertretend für die Person eingespielt,
beispielsweise, wenn es thematisch um sie geht oder sie gleich selber auf der
visuellen Ebene zu sehen sein wird. Neben den Stimmungen kann sie natürlich auch
Spannungen erzeugen, indem sie sich z.B. bedrohlich anhört. Dadurch kann sie
Einfluss in die Interpretation des Rezipienten bezüglich der Handlung nehmen. Sie
gibt quasi einen Kommentar ab, wie es Kloppenburg (2000) nennt. Durch das, was
die Musik ausdrückt, kann ein Eingriff in die gegenwärtige Handlung stattfinden, sie
kann den Zuschauer auf Kommandos aufmerksam machen oder auch auf etwas
Zurückliegendes verweisen.